SOLIT Gold & Silber News – März 2011
Anlässlich der Pressekonferenz im Anschluss an die EZB-Ratssitzung am vergangenen Donnerstag überraschte der europäische Notenbankchef Jean-Claude Trichet die anwesenden Journalisten mit einer 180-Grad-Wende bezüglich seiner Inflationserwartung und der vagen Ankündigung einer Zinserhöhung bereits im April. Noch auf der vorletzten Pressekonferenz im Februar sah Trichet keinerlei Inflationsgefahren und tat den dynamischen Teuerungsschub auf nun offiziell 2,3% gegenüber Vorjahr als „Preisbuckel“ ab, der sich bereits Ende des Jahres wieder abbauen würde.
Davon abgesehen, dass sich dieser „Preisbuckel“, der hauptsächlich von den Grundstoffen ausgeht, mit kurzer Unterbrechung während der Finanzkrise bereits seit 12 Jahren fortsetzt, verschweigt Herr Trichet, dass dieser „Preisbuckel“ auch hausgemacht ist. Wenn eine Notenbank, die wie im Falle der EZB ausschließlich der Geldwertstabilität verpflichtet ist, mit ungedecktem Digitalgeld nur so um sich wirft, dann darf sie sich nicht wundern, wenn die Preise für knappe Ressourcen steigen. Da nützt es auch nichts, wenn die Herren aus dem Eurotower diesen beispiellosen Geldschöpfungsakt technokratisch verharmlosend als „Quantitative Easing“ oder „Festzinstender mit Vollzuteilung“ beschreiben. Was im Klartext bedeutet: Geld drucken, um Staatsanleihen zu kaufen und jeder Bank in Europa so viel Geld zu leihen, wie gewünscht, ohne werthaltige Sicherheiten hinterlegen zu müssen und das zu lediglich 1% Kreditzins pro Jahr, bonitätsunabhängig.
Die Konsequenz: Die Geschäftsbanken nutzen diese extrem billigen Kredite für den Eigenhandel (sog. Nostrogeschäft), auch in den engen Rohstoffmärkten. Dort muss man nur genug Liquidität einsetzen, um das gewünschte Kursergebnis zu erzielen. Diese Tatsache ist den Herren aus dem Zentralbankkomitee aber wohl durchaus bewusst. Abgesehen von einer möglichen Minizinserhöhung im April um 25 Basispunkte (0,25%) und evtl. noch zwei, drei weiteren Minischritten, wird an der Liquiditätsflutung nämlich vorerst festgehalten. Die Banken sind noch lange nicht aus der Krise heraus, wie u.a. die aktuelle Diskussion um einen realistischeren Bankenstresstest zeigt. Die anhaltende Subventionierung des Geschäftsmodells der Banken durch die EZB ist für viele Institute schlicht lebensnotwendig. Ein Großteil der Bankenerträge stammt aus dem Eigenhandel, wie die Gewinnaufschlüsselung der Großbanken eindrucksvoll zeigt. Das Kreditgeschäft bleibt schwach, in den Bilanzen schlummern toxische Anleihen und der Bondmarkt ist im freien Fall. Ein echtes Dilemma für die um die Bankenstabilität besorgte Zentralbank, die sich nun auch noch mit lebenserhaltenden Maßnahmen für de facto bankrotte EU-Staaten herumschlagen muss. Das Thema Geldwertstabilität ist da schon lange abgehakt und die jetzige Zinsanhebungsankündigung nur eine Nebelkerze.
So begründete Trichet die mögliche Zinserhöhung auch nicht mit dem Ausstieg aus der extrem laxen Geldpolitik. Er kennt die Problemlage und die Abhängigkeiten von eben dieser Liquidität ja nur zu gut. Vielmehr wollte er die Maßnahme als Abschreckung für zu hohe Tarifabschlüsse in Deutschland verstanden wissen, um Zweitrundeneffekte zu vermeiden (Lohn-Preis-Spirale). In Anbetracht steigender Preise für Energie, Grundnahrungsmittel, Abgaben/Gebühren, Transport, Tabak etc. sowie zum Teil erheblicher Gewinnsteigerungen bei den Unternehmen wird sich niemand von einem Herrn Trichet von höheren Lohnforderungen abhalten lassen.
Quelle: Solit (www.solit-kapital.de)
Aktualisiert am 9. März 2011 | Tags: EZB, Geldentwertung, Inflation, Staatsverschuldung