Bedeutet die Zinswende das Ende der Edelmetallhausse?
Die jüngst vom Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) vage in Aussicht gestellte Zinserhöhung im April veranlasste viele Wirtschaftsmedien und Marktteilnehmer zu der Prognose, dass nun die Zinswende beginne und zinslosen Investments, wie zum Beispiel Edelmetallen, die letzte Stunde geschlagen hätte. Aber ist eine echte Zinswende überhaupt zu erwarten und stimmt die These, dass steigende Nominalzinsen Gift für Edelmetallinvestments seien?
Als erstes lässt sich feststellen, dass die Zinsen seit 30 Jahren fallen, und zwar zyklusübergreifend. In Japan gibt es seit 15 Jahren gar keinen Zinszyklus mehr, die Gesamtverschuldung ist zu hoch und viele Banken ohne Zinssubvention nach wie vor nicht überlebensfähig. Schaut man nach Europa und betrachtet v.a. die Verschuldung der Peripheriestaaten sowie die hochtoxischen Anleiheportfolios der Banken- und Versicherungsbranche, dann sitzen auch wir längst in einer Zinsfalle á la Japan.
Wie dramatisch die Lage an der Zinsfront wirklich ist, offenbart jedoch erst ein Blick auf den Realzins. Also der Zins, der übrig bleibt, wenn man die offizielle Teuerungsrate abzieht.
Hier wird sichtbar, dass die Zinsen in der Realität negativ sind. Selbst wenn die EZB den Leitzins in fünf aufeinander folgenden Zinsschritten á 25 Basispunkte, also gemäß der Amplitude der letzten Zinsschritte, nach oben, anheben würde, wäre der reale Leitzins (aktuell 1%) gemessen an der Teuerung (aktuell 2,3%) immer noch unter Null, vorausgesetzt, die Teuerung bliebe konstant. Dies ist jedoch unwahrscheinlich, da der jüngste Preisschub bei Nahrungsmitteln und Energie sowie die daraus resultierenden Folgeeffekte (steigende Transport- und Gastronomiepreise etc.) erst in den kommenden Monaten spürbar werden, die Teuerung also tendenziell weiter steigt.
Sehr weit wird die EZB in diesem Zinszyklus also nicht kommen, ohne einen Schuldenkollaps zu provozieren. Teuerung hier, Überschuldung da – eine echte Zwickmühle.
So wundert es auch nicht, dass die Nachfrage nach Edelmetallen in Anbetracht der Gesamtgemengelage weiter zunimmt und die Preise für monetäre Edelmetalle nur einen Tag nach der vagen Zinserhöhungsankündigung Trichets ihre Vortagsverluste wett machten und auf US-Dollarbasis sogar neue Allzeithöchststände im Fall von Gold und ein Dreißigjahreshoch im Fall von Silber erreichten.
Übrigens war dieses Phänomen schon im letzten Zinszyklus zu beobachten. Während der europäische Leitzins von 2005 bis 2008 um 200 Basispunkte (+2,00%) angehoben wurde, legten die Preise für die zinslosen Edelmetalle signifikant zu (Gold +80%, Silber +138%).
Vor allem die sehr starke physische Nachfrage in den südostasiatischen Schwellenländern, bedingt durch Wohlstandseffekte, und die Angst vor Inflation ließ die Hausse nicht abreißen. Heute gesellen sich weitere schwerwiegende Faktoren zu der Notwendigkeit, Edelmetalle als Portfoliobestandteil zu halten:
- Negative Realzinsen
- Flucht aus Staatsanleihen
- Angespannte Versorgungslage
- Explosion der Notenbankgeldmenge
- Starke Verteuerung knapper Ressourcen
- Globale ökonomische Ungleichgewichte in historischer Dimension
- Währungskrieg zwischen US-Dollar, Yuan, Yen, Euro, Rubel, Real etc.
- Gesamtwirtschaftliche Rekordverschuldung auf OECD-Ebene und darüber hinaus
Lassen Sie sich nicht von Medien oder Experten irritieren, die die Hintergründe der steigenden Edelmetallpreise nicht verstanden haben. Benutzen Sie Ihren eigenen gesunden Menschenverstand und entscheiden Sie selbst, welche Währung sie als Notfallreserve halten möchten. Wir empfehlen Gold und Silber.
Quelle: Solit (www.solit-kapital.de)
Aktualisiert am 10. März 2011 | Tags: Geldentwertung, Inflation, Silber