Griechenland im Herbst 2011
Es waren schwere Wochen und Monate für Griechenland, seine Bevölkerung, die politischen Vertreter und das griechische Wirtschafts- und Finanzsystem.
Etliche Generalstreiks haben das Leben zum Teil über mehrere Tage hinweg fast komplett lahm gelegt. Auch das soziale Klima ist merklich abgekühlt, die Gewaltbereitschaft der Demonstranten steigt und der Staat reagiert mit zunehmender Härte. Alte rebellieren gegen sinkende Renten, Junge begehren gegen steigende Belastungen für Gesundheit und Rente auf und viele Fachkräfte flüchten vor dem niedrigen Lohnniveau ins europäische Ausland. Dank der Freizügigkeit werden gut ausgebildete Arbeitskräfte im Ausland mit offenen Armen empfangen. Dass dadurch die Probleme der griechischen Wirtschaft verschärft werden ist den Abwandernden zwar bewusst, aber reichlich egal. Die Sparanstrengungen der Regierung haben das Land in eine tiefe Rezession geführt und eine erhoffte Belebung der Wirtschaft ist nicht in Sicht.
Die Lebenshaltungskosten sind etwa doppelt so stark angestiegen, wie im Rest der europäischen Union. Besonders die Waren des täglichen Bedarfs und die Versorgungsdienstleistungen sind deutlich teurer geworden. Große Proteste richten sich deswegen auf die weitgehende Privatisierung des Energiesektors, die für die Steigerung der Energiepreise verantwortlich gemacht wird. In Heuschreckenmanier haben sich Investoren aus dem In- und Ausland auf das Tafelsilber des griechischen Staatsbesitzes gestürzt.
Lange Zeit haben die europäischen Nachbarn versucht, Griechenland vor dem Schlimmsten zu bewahren, aber letztlich waren diese Bemühungen vergeblich, denn zu stark lastete die große Staatsverschuldung auf dem Land im Südosten Europas. Nachdem der milliardenschwere europäische Rettungsschirm die Pleite des Staates zwar zunächst verhindern konnte, brachte erst eine Umschuldung die nötige Entlastung. Dabei mussten die Gläubiger des Staates auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten oder boten eine zinslose Prolongation der Forderung an.
Mittlerweile wird offen über einen Austritt der Griechen aus dem EURO-Raum diskutiert. Zwar ist noch nicht klar, wie und zu welchen Bedingungen das passieren wird, aber bevor die gesamte Euro-Zone kollabiert, müssen auch Tabuthemen aufgegriffen werden.
Griechenland befindet sich in diesem Herbst in bester Gesellschaft. Nachdem das zweite Hilfspaket für Portugal geschnürt wurde und Italien, Ungarn und Spanien ebenfalls auf europäische „Rettungs-„Milliarden angewiesen sind, bestimmt die Schuldenkrise das Tagesgeschäft der EU. Angesichts des flächendeckenden Ausmaßes ist ein Interessenausgleich der EU-Länder nicht möglich. Die Wachstumslokomotiven, allen voran Deutschland, fordern weitere Zinserhöhungen, um die hohe Inflation zu bekämpfen. Die Staaten Süd- und Südosteuropas können sich höhere Zinsen gar nicht erst leisten und die zweistellige Inflation hilft zusätzlich beim Schuldenabbau.
Es ist ein heißer Herbst in Europa im Jahr 2011 und noch immer ist nicht absehbar, wie dieses Dilemma überwunden werden kann. Das Vertrauen der Menschen in die Regierungen ist nachhaltig beschädigt, die Maßnahmen zur Rettung der gemeinsamen europäischen Währung verpuffen und die soziale Schieflage nimmt weiter zu.
Erlauben Sie uns diesen gewagten Blick in die Zukunft und beobachten Sie aufmerksam das Geschehen der kommenden Wochen und Monate. Heute müssen Sie die richtigen Entscheidungen getroffen werden, damit Sie nicht auch zu den großen Verlierern dieser Entwicklungen gehören.
Aktualisiert am 19. Mai 2011 | Tags: Finanzkrise, Inflation